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»...Milliarden von musikbegeisterten Menschen [...] über den gesamten, brennenden Planeten verteilt, aber im Geiste dennoch vereint [...] die ungewaschenen Ohren vom warmen Licht des Radios angestrahlt, die Münder, Augen und Nasenlöcher mit Sekundenkleber versiegelt...

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So oder so ähnlich blickte ein visionärer Nico Wiek bereits 2015 in eine göld‘ne Zukunft, in welcher einmal wöchentlich die Musiksendung "Nico's Nacht" aus den Radiogeräten dudeln und unter dem Slogan "Alterndes, Albernes, Alternatives und ...äh, Anderes" einer breiten Masse nächtlicher Hörer das Trommelfell und die Großhirnrinde massieren sollte. Doch so weit kam es nicht. "Nicht ganz das, was wir uns vorgestellt hatten" lautete das Fehlurteil der Sendechefs von radio dreyeckland. Hatte sich der freiburger Sender zu Gründungszeiten hauptsächlich auf Protest gegen (oder für? Keine Ahnung) den Bau von Atomkraftwerken an der deutsch-französischen Grenze konzentriert, so hatte man die Schwerpunkte offensichtlich zwischenzeitlich auf Zensur, krampfhafte political correctness, Stock-im-Arsch und schlechte Laune umverteilt. Wiek, welcher zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes, wöchentliches Musikmagazin für den Sender Co-moderierte, zeigte sich empört und schwer beleidigt. Von einem selbsternannten ''alternativen'' Radiosender hatte man mehr erwartet.

[...]

Unbequemheit, jugendlicher Charm und ein bis dato nie dagewesener, kreativer Umgang mit dem aussterbenden Medium Radio wurde zuerst zur Achillesferse, anschließend zum Stolperstein, dann zum Fallstrick und schließlich zum Sargnagel von "Nico's Nacht". Vorproduzierte Episoden wurden niemals gesendet,  Festplatten voller lustiger Soundeffekte, sowie hunderte Moderationskarten mit Wortspielen zum Thema Wasservögel mussten entesorgt werden und liebevoll gestaltetes und teuer produziertes Merchandise verstaubte in feuchten Kellern (
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Mit Blick auf eine stetig wachsende Podcast-Szene und das Aufkommen immer neuer Online Musikdienste wie Napster oder Clipfish, bleibt abschließend zumindest die Hoffnung, dass sich in Zukunft neue Möglichkeiten und Ansätze finden und "Nico's Nacht" endlich die Beachtung, Anerkennung und vor allem die zweite Chance erhält, um die dieses großartige und erfrischende Sendekonzept in seiner Blütezeit betrogen wurde. Wahrlich handelt es sich bei "Nico's Nacht" um nicht weniger, als einen ungeschliffenen Diamanten, ja, eine Perle der Unterhaltungskunst, welche es den Säuen, vor die sie geworfen wurde, wieder zu entreißen gilt. Dies muss oberste Pflicht kommender, besser schon unserer Generation sein, denn "Nico's Nacht" ist nicht nur die beste Musiksendung, die sie nie gehört haben, nein, ''Nico's Nacht'' ist ein Stück ungeschriebene Radiogeschichte.

Auszug aus "Analog bis Digital: Die Geschichte des Radios - Band 8; 2010 - 2016" von Prof. Dr. N. E. Woicik; erschienen 2020 im HörenSehen Verlag, Kleinwelsbach


 

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